Lyrik liebt das Flirrende. Das Mehrdeutige und Ambivalente. Mit Kerstin Preiwuß’ Taupunkt und Daniela Danz’ Wildniß liegen zwei Bücher vor, die das aufs Neue erkunden. Bei Danz wird Wildnis zur Chiffre für Verstörendes und Unberechenbares und bezieht sich nicht nur auf ›Natur‹, sondern besonders auf menschliches Handeln und Sprechen – auf eine Wildnis im Kopf etwa, in der Rede, im Fühlen. In diesen Regionen ist auch Preiwuß zuhause. Ihre Gedichte beziehen sich auf den Leib und auch auf die Sprache. »Mein innerer Chor ist in Aufruhr«, sagt das lyrische Ich gegen Ende einer durchwachten Nacht mit Reflexionen, Visionen und Krisen; eine Engführung macht das Atmen schwer.
Carolin Callies, Lyrikerin (schatullen & bredouillen, 2019) und Mitherausgeberin des Lyrik Jahrbuchs 2021, wird mit den beiden sprechen – vielleicht auch darüber, wie es zur hölderlinschen Zwiesprache bei Daniela Danz kam und wie es sich mit Celan bei Kerstin Preiwuß verhält.
Literaturhochhaus