Kein schönes Gefühl: nicht frei über seine Zeit zu verfügen und damit auch nicht mehr über das eigene Leben. Alain Claude Sulzers Roman Aus den Fugen ist wie eine Novelle aufgebaut, und die »unerhörte Begebenheit« ist ein Moment radikaler Freiheit: Starpianist Olsberg lebt ein Leben für die Musik und ansonsten aus dem Koffer, schon seit Jahrzehnten. Bis »etwa drei Minuten vor dem Ende des letzten Satzes der Hammerklaviersonate«, die er in der Berliner Philharmonie spielt. Exakt in dieser Sekunde gelingt Olsberg ein souveräner Zugriff auf das eigene Leben: Er hebt die Hände und hört auf zu spielen, für immer. Sein abschließendes »Das war’s« bringt den Wendepunkt – mit Konsequenzen und neuen Möglichkeiten für alle Romanfiguren. Alain Claude Sulzer gilt als einer der elegantesten Schriftsteller der Schweiz – zurecht, wie sein traumwandlerisch sicher konstruierter Roman beweist. DLF-Literaturkritiker Hubert Winkels spricht mit seinem langjährigen Bachmannpreis-Jurykollegen über dessen Buch und über das Motto des Literaturfests Niedersachen: ›Freiheit‹ – welch ein Thema für einen Schweizer.
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Atlas der Literaturen