Gemeinhin gilt die Erfindung des Buchdrucks als Geburtsstunde unserer neuzeitlichen Zivilisation. Doch Lothar Müller hält die Erzählung von der »Gutenberg-Galaxie« nicht für erschöpfend und blickt eine Schicht tiefer: Ist doch bereits das Papier das Substrat, auf dem neue Arten von Verkehr, Handel und Kultur erblühten. Papier begegnet eben nicht nur als Buch, sondern auch als Medium der Buchführung, als Geldschein, als Wechsel und Vertrag, in der Gestalt von Akten, Formularen und Erlassen; als Briefpapier avanciert es zum Hort der Subjektivität, und noch das weiße Blatt wird als Raum der Freiheit verklärt, in den hinein sich die entwerfende Fantasie entfaltet und als Plan oder Werk manifestiert. In so vielen Rollen und Funktionen ist uns das Papier gebräuchlich geworden – was wird dann nun im digitalen Zeitalter: Verschwindet das Papier als stabile Grundlage unserer Kultur? Gemach, gemach, wird Lothar Müller sagen. Die Mediengeschichte zeigt: Was was taugt, bleibt erhalten. Eckhard Stasch blättert nach.
Kultur:Technik