Die Idee einer objektiven, chronometrisch fortschreitenden Zeit ist eine moderne Vorstellung. Den Tiefendimensionen unseres Erlebens entspricht sie nicht. Als Ikone des Surrealismus gelten nicht zufällig die zerfließenden Uhren von Salvador Dalí. Und Motive, das Regime der Zeit aus den Angeln zu heben, entspringen im Großen und Kleinen, Politischen wie Privaten. In seiner meisterhaften Großerzählung Die Nacht der Erinnerungen schildert Antonio Muñoz Molina die Romanze eines spanischen Architekten mit einer amerikanischen Journalistin im Madrid der Dreißiger Jahre: die Verzückungen und Verstrickungen einer Liaison abseits des Metrums beruflicher Pflichten und familiärer Bindungen, vor der Folie der II. Republik, der kühnsten Reformperiode Spaniens, die am Widerstand reaktionärer Kräfte zerbricht und im Bürgerkrieg versinkt. Über sein epochales Bild einer verspielten Zukunft spricht Muñoz Molina mit der Über-setzerin Sabine Giersberg. Eine malerische Reflexion über die Zeit, in der deutschen Fassung gelesen von Michael Speer.
Atlas der Literaturen